Es reicht nicht, eben mal etwas Lack draufzusprühen
Kleiner Kratzer, grosser Aufwand
Zuweilen ist es nicht einfach, einem Kunden oder einer zahlungspflichtigen Versicherung beizubringen, dass wegen eines Kratzers in der Tür die ganze Wagenseite lackiert werden muss, um ein perfektes Resultat zu erhalten. Ein solches Vorgehen hat aber bestimmte Gründe. Insbesondere Effektlackierungen verlangen dem Autolackierer einiges ab, damit das Auto wieder genau so aussieht, wie vor dem Schaden. Zudem lassen sich komplexe, computergesteuerten Serienlackiermethoden der Automobilwerke in der Werkstatt nicht ohne Weiteres 1:1 übertragen.
Ein BEispiel aus der Praxis
Ein Kunde bringt uns einen in Perlglanz-Weiss Metallic lackierten Subaru STI WRX mit einem Kratzer in der linken Hintertür. Diese Lackierung ist in drei Schichten aufgebaut: Farbton, Perleffekt, Klarlack. Dabei ist die Schicht mit dem Perleffekt nicht voll deckend, eher eine Lasur. Deshalb war ein Beilackieren nur der angrenzenden Teile nicht möglich. Die Schicht mit dem Perleffekt wäre sonst zu deckend geworden und hätte optisch einen anderen Farbton ergeben.
Die Schattenseiten des Lichts
Für ein einheitliches Ergebnis ist in so einem Fall wegen der Lichtreflexion sogar eine Reparaturlackierung aller gleich stehenden Teile nötig. Mit „gleich stehend“ sind alle senkrecht stehenden Teile gemeint. Folglich musste die ganze linke Seite – Kotflügel vorne, beide Türen, Schweller, Seitenwand und Dachrahmen – neu lackiert werden. Der Grund ist der Lichteinfall, der auf alle senkrecht stehenden Teile immer gleich ist. Dadurch erscheint der Farbton dieser Teile optisch auch identisch (sofern er es wirklich ist). Die kleinste Farbdifferenz würde ins Auge springen.
Anders verhält es sich mit ungleich zueinander stehenden Karosserieteilen wie Motorhaube und Kotflügel. Bei gleichzeitiger Betrachtung wird der Farbton dieser Bauteile immer unterschiedlich wahrgenommen. Dies, weil der Lichteinfall auf diese Oberflächen anders ist.
Es gibt andere Umstände als komplexe Effektlackierungen, die dem Autolackierer bei einer Reparaturlackierung einiges abverlangen. Und auch die führen dazu, dass nach einem Schaden mehr als nur das zu reparierende Karosserieteil lackiert werden muss:
Aus ökonomischen Gründen wird der Farbauftrag in den Automobilwerken minimiert. Oft wird bereits die Grundierung in der Basisfarbe eingefärbt, damit der Farbton gar nicht mehr zu 100 Prozent deckend ausgeführt werden muss. Das erschwert die Reparaturlackierung, da Reparaturlacke so pigmentiert sind, dass sie stark deckend wirken.
Ebenfalls um Material zu sparen, wenden Autohersteller im Werk Lackiermethoden an, die in der Werkstatt nicht simuliert werden können. Dabei wirkt sich die Methode des Farbauftrages auch auf die optische Wahrnehmung des Farbtones aus. Dies gilt ganz speziell für Lacke mit Effekt-Pigment-Beimischung (Metallic, Perlglanz, Xirallic)
Fazit: Ein erfahrener Autolackierer kann jede Serienlackierung reparieren. Aber manchmal ist es aufgrund der Gegebenheiten ungleich aufwändiger, um zu einem perfekten Ergebnis zu gelangen.